Bürgerinformation über die zur Abwehr von gesundheitlichen Gefahren durch den Eichenprozessionsspinner eingesetzten Bioziode im Landkreis Ludwigslust-Parchim

Der Eichenprozessionsspinner (EPS) ist ein Schmetterling, dessen Raupen ab dem dritten Larvenstadium mikroskopisch kleine Brennhaare ausbilden. Diese Brennhaare enthalten ein Nesselgift und können auf der Haut des Menschen stark juckende Rötungen, in den Atemwegen asthmatische Symptome und Husten sowie in den Augen schmerzhafte Entzündungen hervorrufen. In seltenen Fällen kann ein allergischer Schock ausgelöst werden. Alle Symptome verstärken sich bei wiederholtem Kontakt.

 

Der EPS hat sich in den vergangenen Jahren im Landkreis Ludwigslust-Parchim besonders an den Eichenalleen weiter ausgebreitet und verursacht eine immer stärker werdende Belastung für die betroffene Bevölkerung. Eine Bekämpfung aus Gründen des Gesundheitsschutzes ist mittels eines Hubschraubereinsatzes geplant. Da die Brennhaare noch jahrelang aktiv sind, wird sich der Erfolg der geplanten Maßnahmen auch auf die nächsten Jahre auswirken.

 

Ein solches Vorgehen erfordert eine genaue Abwägung zwischen den Risiken der einzusetzenden Präparate für Mensch, Tier und Umwelt und den Gefahren die durch die giftigen Brennhaare der Schmetterlingsraupen ausgehen. Der Schutz der menschlichen Gesundheit ist ein sehr hohes Gut. Beeinträchtigungen der Natur müssen jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zum Schutz der menschlichen Gesundheit stehen.

 

In den vergangenen Wochen wurde von den Spezialisten des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei M-V gemeinsam mit Mitarbeitern aus den Fachdiensten Gesundheit, Umwelt und Ordnung sowie der Landesforst M-V eine Ausmessung der Befallsflächen durchgeführt. In enger Abstimmung und in Zusammenarbeit mit den örtlich zuständigen Ordnungsämtern, der Kreisverwaltung und des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei M-V sowie der Forstbehörden wurde eine lokal optimale Bekämpfungsstrategie entwickelt.

Während der Bekämpfungsmaßnahmen wird das Einsatzteam durch einen Mitarbeiter des Fachbereiches Natur- und Umweltschutz begleitet.

 

Auf weniger sensiblen Flächen wird das hoch wirksame Biozid Karate zum Einsatz gelangen. Auch wenn dieses Produkt als amtlich zugelassenes Biozid theoretisch auf allen Flächen einsetzbar wäre, erfolgte im Landkreis Ludwigslust-Parchim eine Differenzierung in Abhängigkeit des jeweiligen Einsatzortes. Alle Bereiche in denen eine maximale Risikominimierung geboten ist, werden mit dem biologischen Präparat Dipel ES behandelt. Zu diesen Bereichen gehören alle Ortslagen, Flächen in Gebieten mit Schutzstatus, in der Nähe von Oberflächengewässern und Biobetrieben.

 

Durchführung der Maßnahme

Die Bekämpfung erfolgt aus der Luft mittels eines Hubschraubers. Die Spritzarbeiten werden von einem in dem Bereich der Schädlingsbekämpfung aus der Luft erfahrenem Unternehmen durchgeführt. Der Einsatz von Hubschraubern hat vielfältige Vorzüge gegenüber anderen Verfahren.

Mechanisches Absaugen der Nester des EPS:

Diese Maßnahme kann erst durchgeführt werden, wenn die Nester der Raupen bereits ausgebildet sind. Zu diesem Zeitpunkt haben die Larven schon Brennhaare ausgebildet und stellen somit eine Belastung für die Bevölkerung dar. Des Weiteren schafft es ein Team von Spezialisten ca. 10 – 12 Bäume je Arbeitstag von Nestern des EPS zu befreien. Bei der ermittelten Befallsfläche handelt es sich um ca. 500 km Straßenlänge, so dass eine mechanische Bekämpfung vom reinen Umfang her der Verbreitung des Gesundheitsschädlings nicht durchführbar ist.

Bekämpfung vom Boden mittels Nebelgeräten:

Entsprechend der mechanischen Beseitigung ist auch bei diesem Verfahren der enge Zeitrahmen für einen wirksamen Bekämpfungserfolg ausschlaggebend. Eine bodengestützte Biozidmaßnahme ist zu langwierig um als Alternative in Betracht zu kommen. Weitergehend handelt es sich bei der überwiegenden Mehrzahl der betroffenen Eichen um ausgewachsene Bäume mit einer Kronenhöhe > 20 m. Bei einer Bekämpfung vom Boden aus müsste mit sehr großem Druck und extrem kleinen Tropfen (Nebeln) gearbeitet werden. Trotzdem wäre eine zufriedenstellende Benetzung der oberen Blattetagen nicht zu gewährleisten und es bestünde eine große Gefahr der Abdrift des Nebels in benachbarte Bereiche.

Bekämpfung mittels Hubschrauber:

Durch die Rotordüsen wird das Mittel zielgenau auf die Bäume aufgetragen und innerhalb der Baumkrone verwirbelt, um eine maximale Benetzung zu erreichen.

Wie allgemein üblich ist eine Absperrung der Streckenabschnitte erforderlich. Diese wird im Einzelfall jeweils ca. 15 Minuten betragen. Die genaue Zeit ist von der Länge und der Lage der Strecke abhängig.

 

Fazit: Nur wo eine Befliegung unmöglich ist oder Neubefall auftritt, sind im Einzelfall bodengestützte Verfahren sinnvoll. Alternativ muss der Bereich um betroffene Bäume abgesperrt werden.

 

Eigenschaften der Mittel

Zum Einsatz gelangen nur durch bundesdeutsche Behörden zugelassene Biozide.

 

Dipel ES:

In Siedlungsbereichen und in allen weiteren sensiblen Bereichen kommt das Präparat Dipel ES zum Einsatz. Es handelt sich hierbei um ein biologisches Insektizid, welches schon seit 1972 erfolgreich und ohne Nebenwirkungen in Deutschland eingesetzt wird. Die wirksame Komponente sind hierbei Sporen des Bakteriums Bacillus thuringiensis Berl. (var. kurstaki) und aus diesen Bakterien isolierte Delta-Endotoxine.

Das Mittel ist hochgradig spezifisch und bekämpft ausschließlich laubfressende Schmetterlingsraupen, wobei eulenartige Schmetterlinge unempfindlich sind. Alle anderen Insekten wie z.B. Bienen und Ameisen werden von dem Biozid nicht beeinträchtigt. Weitergehend geht von den Wirkstoffen keine Gefahr für Vögel, Säugetiere und Menschen aus. Auch Regenwürmer, Fische und Fischnährtiere werden nicht negativ beeinflusst.

In dem Biozid sind neben den Wirkkomponenten weitere Stoffe enthalten, die unter anderem die Anhaftung und die Stabilität der Wirkstoffe positiv beeinflussen sollen. Es sind, wie in vielen Waschmitteln auch, Tenside zugesetzt. Diese Tenside können in unverdünnter Form des Produktes eine reizende Wirkung aufweisen. Dipel ES wird ebenso wie Karate in stark verdünnter Form ausgebracht. Vorsorglich ist in der Ordnungsverfügung des Landkreises festgelegt, dass sich niemand im unmittelbaren Wirkbereich während der Anwendung und bis zum Antrocknen des Spritzbelages (ca. 15 Minuten) aufhalten darf.

Da es sich bei diesem Produkt um ein im ökologischen Landbau zugelassenen Wirkstoff handelt, kommt es überall dort zum Einsatz, wo ökologisch bewirtschaftete Landwirtschaftsflächen an die Behandlungsfläche angrenzen.

 

 

Karate:

Im Rahmen der Risikobewertung wurde nach genauem Abwägen beschlossen, in Bereichen mit geringer Risikogefährdung (Alleen außerhalb von Ortschaften) das Biozid Karate einzusetzen. Das Präparat verfügt über eine deutlich bessere Wirkung als das Dipel ES, hat jedoch ein leicht ungünstigeres ökotoxikologisches Profil. So ist es giftig für Fische und Fischnährtiere. Bei Karate handelt sich um ein synthetisches Pyrethroid mit dem Wirkstoff lambda-Cyhalothrin. Dieses Breitband-Insektizid wirkt als Nervengift für Insekten über den Fraß und Kontakt, wobei jedoch eine Gefährdung von Honigbienen nicht vorliegt. Zum vorsorgenden Schutz sind alle Imker angehalten, ihre Beuten aus dem direkten Wirkbereich zu entfernen oder für den Zeitraum der Befliegung die Fluglöcher zu verschließen.

Dem Biozidprodukt vergleichbare Pflanzenschutzmittel sind seit vielen Jahren in der Landwirtschaft zugelassen und werden dort zur Bekämpfung diverser Schadinsekten mit Erfolg eingesetzt.

 

Vergleichbare Wirkstoffe finden in der Humanmedizin eine breite Anwendung, so zum Beispiel zur Beseitigung von Kopfläusen.

 

Organisatorisches:

In Zusammenarbeit der Ordnungsbehörden mit den Straßenmeistereien und der Polizei werden die zu behandelnden Streckenabschnitte kurzfristig gesperrt. So wird sichergestellt, dass sich keine Personen im Bereich der Maßnahme aufhalten. Eine Gefährdung der Bevölkerung durch die Wirkstoffe kann ausgeschlossen werden.

 

Die Bekanntgabe der Bekämpfungsmaßnahmen in den Ortslagen erfolgt rechtzeitig über die zuständigen Ordnungsämter, unmittelbar davor nochmals durch Lautsprecherwagen.

 

Über Einzelheiten der Durchführung (wo und wann wird bekämpft) können Sie sich bei Ihrem Ordnungsamt informieren.

 

 

 

Bei weiteren Fragen ist die Kreisverwaltung telefonisch unter der Service – Nummer

 

03874 – 624 2399

 

zu erreichen oder elektronisch über das Kontaktformular des Landkreises im Internet:

 

www.kreis-swm.de